Morgensternkennern wird der Titel bekannt vorkommen – ist er doch ein Verweis auf eines der schönsten Frühlingsgedichte des Dichters Hans Christian Morgenstern, „Die Weidenkätzchen“. Die Kinder bei uns im Waldorfkindergarten erleben ihn dieser Tage, diesen ganz besonderen Zauber, wie aus vermeintlich nichts und fast schon über Nacht Leben entspringt, sich regt und nach draussen drängt. Ganz besonders aufmerksam werden die ersten Knospen und grünen Spitzen betrachtet: Was kommt denn da? Woher kommt es denn? Schlafen Blumen? Und Bäume?
Der Frühling kommt ganz gewiss: Die Sonne wird jeden Tag stärker und der Himmel ein Stückchen heller. Haben wir uns im Winter noch innerlich mit Tee und warmen Speisen wohlig gehalten, so scheint uns nun langsam die Sonne von aussen warm und behaglich. Ganz oben, ringsum auf den Schwarzwaldhügeln, sehen wir hier und da noch Schneereste, aber bei uns im Tal wächst, grünt und blüht es jeden Tag mehr. Auf unserer wöchentlichen Wanderung an der grossen Tanne vorbei, hinein in den „Zauberwald“, können wir beobachten, wie es auch ausserhalb unseres Gartens lebendiger wird: Hier fliegen fleissige Meisen, dort sogar ein Storch, der irgendwo in Sandweier sein Nest bezogen hat!
Das aufmerksame Beobachten all dieser Vorgänge in der Natur trägt bei zur Achtsamkeit vor dem Werden und Geschehen; diese Achtsamkeit ist es zum Beispiel, wenn uns die Kinder Schneeglöckchen bringen, die aus Versehen abgeknickt wurden. Wie selbstverständlich werden die Blümchen in eine Sandform gelegt, statt sie liegen zu lassen oder wegzuwerfen. Werden andernorts bereits altes Laub und Tannenzapfen zusammengekehrt und weggetan, so werden daraus bei unseren Kindern die wunderschönsten Dekorationen für Sandkuchen, Burgen oder sogar lustige Sandgesichter.
Und so erleben die Kinder mit derselben Aufmerksamkeit den Rhythmus der Jahreszeiten. Dieser Tage wird also ganz besonders der allmähliche Wechsel vom Winter in den Frühling wahrgenommen: das Kalte wandelt sich langsam zum Warmen, das Dunkel zum Hell, die Aktivitäten verlagern sich mehr und mehr von drinnen nach draussen, das Vergangene geht über in das Werden.